Industrie 4.0 – Ist die Führungsetage bereit dafür?
Was verändert sich und wie sieht eine passende Führung 4.0 aus?
Die fortschreitende Digitalisierung und Globalisierung in der Arbeitswelt, die dahinter stehende Komplexität und Dynamik verbunden mit einer zunehmenden Interkulturalität verändert die Arbeitswelt zunehmend. Es werden immer weniger einfache Arbeitskräfte benötigt. Der Anteil an Fachkräften, die mitdenken und Verantwortung übernehmen, wird immer größer. Die Zusammenarbeit ist häufig orts- und firmenübergreifend. Um weiterhin wettbewerbsfähig, zukunftsfähig und erfolgreich zu sein, bedarf es einer veränderten Art an Führung und Zusammenarbeit. Ein ganzheitlicher Blick auf die verschiedenen Aspekte ist notwendig, um möglichst nichts zu vernachlässigen, wenn die Führungsetage fit für die Zukunft gemacht werden soll.
Die Ressourcen der Beschäftigten – ausreichend und ausbalanciert
Die Mitarbeitenden sind zukünftig häufig nicht mehr nur einem Vorgesetzten oder Betrieb zugeordnet. Sie arbeiten, durch die digitalen Möglichkeiten weltweit verknüpft, mit viel Eigenverantwortung an verschiedenen Projekten, in unterschiedlichen Teams und in verschiedenen Rollen. Um sich in der komplexen Welt als Mensch nicht zu verlieren, bedarf es einer achtsamen Planung der eigenen Ressourcen. Die Führungskräfte der Zukunft achten einerseits auf die eigene Belastbarkeit, mentale und körperliche Fitness und Balance. Andrerseits geben resiliente Führungskräfte ihren Beschäftigten Impulse und Freiheit, die eigenen Energietanks zu füllen und reduzieren Reibungsverluste in der Mannschaft. Hierbei hilft ein Betriebliches Gesundheitsmanagement, das mehr umfasst als Wasserspender, Obst und Rückenschule.
Die Art der Zusammenarbeit und Führungskultur – wertschätzend und fehlerverzeihend
Es gibt nach wie vor Unternehmen, die in einer Kultur der Angst geführt werden. Das Paradigma der Härte und des Antreibens soll die Mitarbeitenden und den Betrieb zu Höchstleistungen führen. Hierbei geht es meist um Arbeitspensum und körperlichen Einsatz. Nutzen und Ziel von Industrie 4.0 und fortschreitender Digitalisierung sind jedoch Innovation, Ideen und Weiterentwicklung. In der Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeitendem und bei den Beschäftigten untereinander sind Vertrauen, Wertschätzung und gegenseitige Unterstützung dafür zwingend notwendig. In einem positiven und harmonischen Arbeitsklima sind Führungskräfte inspirierende Vorbilder und helfen den Beschäftigten besser zu werden. Fehler, die gemacht werden, helfen dabei. Es bedarf einer veränderten Fehlerkultur.
Klarheit und Transparenz bei noch vielen offenen Fragen
Ausreichend Kommunikation und Klarheit in der Information ist essentiell, wenn es viele Beteiligte gibt. Die Vereinbarung von Zielen, die Transparenz im Prozess und die Offenheit im Umgang mit Fehlern sind unumgänglich. Nichts wird verheimlicht oder unter den Teppich gekehrt. Unklarheiten werden angesprochen und ausgeräumt. Klarheit beschränkt sich nicht nur auf den Prozess, sondern ebenso auf die Führungsrolle und Anforderungen der Personen. Die Kommunikation in und mit der Belegschaft und das Hinhören bekommen wesentlich mehr Bedeutung.
Die arbeitsrechtliche Lage wird jedoch zunehmend schwieriger: Wer hat wem was zu sagen? Wer ist wem gegenüber verantwortlich? Insbesondere bei Fehlleistungen wird der disziplinarische Handlungsspielraum schwieriger, wenn nicht alles sorgsam dokumentiert ist. Dies macht eine achtsame Mitarbeiterauswahl und eine klare und offene Kommunikation im Voraus und während des Prozesses umso notwendiger.
Sinngebung und Erfüllung im Rahmen eines großen gemeinsamen Ziels
Im Rahmen von Führung 4.0 nimmt die Gestaltung von werteorientierten und sinngebenden Beziehungen zwischen Unternehmen und Beschäftigten eine wichtige Rolle ein. Zahlreiche Befragungen und Ausarbeitungen bestätigen, dass materielle Anreize oft nicht mehr ausreichen. Flexible Gestaltung der Arbeitszeit, eigenverantwortliches Handeln, gute Beziehungen untereinander mit einer klaren Vision sind einige Punkte, die zu einem „erfüllten Arbeiten“ führen. Die Individualität der Mitarbeitenden zuzulassen und Identität und Sinn zu schaffen, sind notwendig, damit die Beschäftigten in Netzwerken oder Hierarchien erfolgreich arbeiten und über den Tellerrand hinausschauen. Hierzu bedarf es eines Commitments der obersten Führungsebene, dass eine veränderte Führungskultur 4.0 maßgeblich zum Erfolg des Unternehmens beiträgt. Das Ausarbeiten einer Unternehmensvision und einer Führungsleitlinie ist der Beginn.
Mehr als die Hälfte der deutschen Führungskräfte haben das Gefühl, dass die Art und Weise, wie Führung in Deutschland gelebt und praktiziert wird, nicht mehr passt. Die Bedeutung der weichen Faktoren nimmt zu, eine neue Führungskultur und Führungspraxis wird sich entwickeln. Die Vorstände und Geschäftsführungen können und sollten dies selbst in die Hand nehmen und gestalten. Führung und Änderung der Führungskultur passiert nicht nebenbei im Arbeitsalltag. Der Weg zu Führung 4.0 braucht Zeit, so wie jede Veränderung Zeit und Achtsamkeit braucht. Es bedarf Coachings, Workshops und Seminaren, um den Prozess umzusetzen.
Häufig beginnt es damit, zunächst Klarheit in der Rolle der Führungskraft zu erhalten und die Kompetenzen der Führungskräfte entsprechend zu erweitern. In einem anderen Beitrag habe ich darüber geschrieben, dass der richtige Zeitpunkt für Veränderung dann gekommen ist, wenn es uns gut geht. Der deutschen Wirtschaft geht es so gut, wie lange nicht mehr. Also packen Sie es an.
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